Wochenarbeitszeit

  • Seit der jüngsten Arbeitszeitreform („Obergrenze - 12-Stunden-Tag“) dürfen Arbeitnehmer – vorbehaltlich abweichender Regelungen in Kollektivverträgen, Betriebsvereinbarungen oder einzelvertraglichen Regelungen – bis zu 12 Stunden pro Tag und bis zu 60 Stunden pro Woche beschäftigt werden. Dies gilt allerdings nicht uneingeschränkt; das erhöhte Arbeitszeitausmaß soll nicht die Regel, sondern die Ausnahme darstellen. Kontrollinstrument dafür ist der sogenannte Durchrechnungszeitraum, der vom Dienstgeber aufzuzeichnen ist und innerhalb dessen das Arbeitsinspektorat die Einhaltung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit überprüft.

Wie überprüft das Arbeitsinspektorat die Einhaltung der Wochenarbeitszeit? Praxis bis 2019: Fixer oder rollierender Durchrechnungszeitraum.

  • Das Arbeitszeitgesetz (AZG) sieht vor, dass über einen Zeitraum von 17 Wochen die durchschnittliche Wochenarbeitszeit 48 Stunden nicht überschreiten darf. Durch kollektivvertragliche Bestimmungen kann der Durchrechnungszeitraum auf 26, bei technischen oder arbeitsorganisatorischen Gründen bis auf 52 Wochen ausgedehnt werden.

    Umstritten und damit mit Rechtsunsicherheit behaftet war die Frage, ob für den Durchrechnungszeitraum ein fixer Bezugszeitraum mit datummäßig festgelegtem Beginn und Ende oder ein rollierender Bezugszeitraum, wonach die durchschnittliche Höchstarbeitszeit in jedem beliebigen Zeitraum eingehalten werden muss, anzusetzen ist.

Beispiel bei 17-wöchigem Durchrechnungszeitraum

  • Fixer Durchrechnungszeitraum mit fixen Wochenabschnitten:    
    1. bis 17. Kalenderwoche   
    18. bis  34. Kalenderwoche   
    35. bis 51. Kalenderwoche   
    Rollierender Durchrechnungszeitraum mit rollierenden Wochenabschnitten:
    1. bis 17. Kalenderwoche
    2. bis 18. Kalenderwoche
    3. bis 19. Kalenderwoche
    Beginn und Dauer der Durchrechnungszeiträume sind (gem. AZG) vom Dienstgeber jedenfalls in den Arbeitszeitaufzeichnungen anzuführen. Bis Ende 2019 wurden vom Arbeitsinspektorat beide Varianten – fester und rollierender Durchrechnungszeitraum – akzeptiert.

BMASGK-Erlass zur verpflichtend rollierenden Durchrechnung der Wochenarbeitszeit seit 13.12.2019

  • BMASGK-Erlass zur verpflichtend rollierenden Durchrechnung der Wochenarbeitszeit seit 13.12.2019
    Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich in einer Entscheidung zur Frage der durchschnittlichen wöchentlichen Höchstarbeitszeit im Frühjahr 2019 zwar insgesamt für eine gewisse Flexibilität in der Arbeitszeitgestaltung ausgesprochen, will jedoch die Grundsätze des Schutzes der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer beachtet wissen. So muss nach Auffassung des EuGH die Heranziehung fester Bezugszeiträume mit Mechanismen verbunden werden, die gewährleisten können, dass die durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden während jedes auf zwei aufeinanderfolgende feste Bezugszeiträume verteilten Sechsmonatszeitraums eingehalten wird. Damit soll im Wesentlichen gewährleistet werden, dass die durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit auch an den „Schnittpunkten“ der festen Bezugszeiträume eingehalten wird.

    Insgesamt lässt sich aus der Entscheidung des EuGH jedoch keine konkrete Vorgabe hinsichtlich der Bezugszeiträume ableiten. In der einschlägigen Fachliteratur werden daher auch nach wie vor unterschiedliche Auffassungen vertreten, ob der EuGH in seiner Entscheidung nun feste oder rollierende Durchrechnungszeiträume vorgesehen hat.
    Das BMASGK hat am 13.12.2019 mit Erlass (BMASGK 462.302/0007 VII/A/3/2019) alle Arbeitsinspektorate angewiesen, die durchschnittliche Wochenarbeitszeit gem. § 9 Abs 4 AZG ab sofort verpflichtend rollierend durchzurechnen. Somit muss die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 48 Stunden in jedem beliebigen 17- Wochen- Schnitt (bzw. bei kollektivvertraglicher Zulässigkeit in jedem beliebigen 26-Wochen-Schnitt) eingehalten werden.

    Die Durchrechnung hat immer nur innerhalb von aus Kalenderwochen bestehenden Durchrechnungszeiträumen zu erfolgen. Der Durchrechnungszeitraum beginnt mit einem Montag und endet mit einem Sonntag.

Kontrollen der Arbeitsinspektorate – Konsequenzen

  • Bei Kontrollen von Durchrechnungszeiträumen vor dem Erlass wird nur im Rahmen der festgelegten Durchrechnungszeiträume überprüft, ob der 48-Stunden-Schnitt eingehalten wurde. Wurden bis dato fixe Durchrechnungszeiträume festgelegt, werden die Dienstgeber in einem ersten Schritt vom Arbeitsinspektorat auf die rollierende Durchrechnung hingewiesen (Beratung durch das Arbeitsinspektorat). Kommt es nach der behördlichen Beratung zu Verstößen in diesem Zusammenhang, kann es – wie auch schon bisher – zur Festsetzung einer Verwaltungsstrafe durch das Arbeitsinspektorat kommen.

LBG Empfehlung

  • Die Arbeitgeberpflichten rund um die Arbeitszeitaufzeichnung sind äußerst komplex und sensibel – und werden bei vielfältigen behördlichen Prüfungen abverlangt. Denn es gilt: Arbeitszeitaufzeichnungen dienen einerseits der Kontrolle der Einhaltung der strengen Vorgaben des Arbeitszeitrechts, andererseits sind sie eine wesentliche Grundlagenaufzeichnung, die in der monatlichen Personalverrechnung zu beachten sind – und daher vorliegen müssen.

    Hinsichtlich des Durchrechnungszeitraumes empfehlen wir Dienstgebern eine rasche Überprüfung der eigenen Durchrechnungspraxis und – falls noch nicht geschehen - eine zeitnahe Umstellung auf die rollierende Variante bei Berechnung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit.
    Gleichzeitig empfehlen wir eine kritische Durchsicht darauf hin, ob die laufenden Arbeitszeitaufzeichnungen laufend gesetzeskonform geführt werden, beispielsweise auch in Hinblick auf die Verrechnung von Überstunden, Gutstunden, Urlaubskonsum, etc. Unsere österreichweiten Expert/innen im Bereich „Personalverrechnung, Lohnsteuer, Sozialversicherung, Arbeitsrecht“ stehen Ihnen gerne für eine Beratung, Evaluierung und Einrichtung einer gesetzeskonformen Dokumentation im Unternehmen zur Verfügung.

  • Autorenhinweis

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